ThemenschwerpunktWenn die Schwangerschaft zur Risikozeit für die Leber wird

In der Schwangerschaft auftretende Leberkrankungen sind selten, aber potenziell lebensbedrohlich – für Mutter und Kind. Für Ärztinnen und Ärzte ist eine frühzeitige Erkennung entscheidend, um Risiken zu minimieren und schwerwiegende Komplikationen zu verhindern. Grund genug für die Weltgesundheitsorganisation (WHO), mit der Kampagne „Healthy beginnings, hopeful futures“ die medizinische Versorgung und das Wohlbefinden von Frauen sowie die Gesundheit von Neugeborenen in den Fokus zu stellen.

Schwangere misst ihren Blutdruck; manchmal wird eine Schwangerschaft auch zur Bewährungsprpbe für die Leber
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Lebererkrankungen während der Schwangerschaft sind selten, aber potenziell lebensbedrohlich. Eine frühzeitige Erkennung ist entscheidend, um Risiken für Mutter und Kind zu minimieren.

Lebererkrankungen können während der Schwangerschaft sowohl die Mutter als auch das ungeborene Kind gefährden und erfordern deshalb besondere Aufmerksamkeit und frühzeitige Diagnose. Bestimmte Lebererkrankungen, die in dieser sensiblen Phase nicht selten unentdeckt und unbehandelt bleiben, können zu ernsthaften Komplikationen führen und die Gesundheit von Mutter und Kind beeinträchtigen.

Seltene Komplikationen, großer Impact

Zu diesen unvorhersehbaren, lebensbedrohlichen Komplikationen in der Schwangerschaft zählen beispielsweise die akute Schwangerschaftsfettleber (Acute Fatty Liver of Pregnancy, AFLP) oder das HELLP-Syndrom, eine schwere Form der Präeklampsie mit Bluthochdruck und einer vermehrten Eiweißausscheidung im Urin. Die klinischen und laborchemischen Gemeinsamkeiten der beiden Erkrankungen sind häufig eine differenzialdiagnostische Herausforderung.

So sind Symptome wie ein allgemeines Krankheitsgefühl, Übelkeit, Erbrechen und Abdominalschmerzen gemeinsame Symptome beider Erkrankungen, die eine frühe Diagnosestellung erschweren. Auch ein Anstieg der Transaminasen nach der 20. Schwangerschaftswoche ist typisch für beide Lebererkrankungen. Ein differenzialdiagnostischer Hinweis auf eine AFLP sind Polydipsie bzw. Polyurie - Symptome, die beim HELLP-Syndrom nicht auftreten, Klinisch wegweisend für eien AFLP sind zudem ein häufig ausgeprägter Ikterus sowie die Entwicklung einer Enzephalopathie bei zunehmendem Leberversagen. Beim HELLP-Syndrom stehen neurologische Symptome wie starke Kopfschmerzen und Visusstörungen im Vordergrund.

Laborchemisch ist die AFLP durch die Leukozytose, die Hypoglykämie, die ausgeprägtere Hyperbilirubinämie, die initial fehlende Hämolyse und Thrombozytopenie < 100 G/l, die Verminderung der Antithrombin-Spiegel < 65% und die Verlängerung der Prothrombinzeit vom HELLP-Syndrom abzugrenzen.

 

Intrahepatische Schwangerschafts-Cholestase

Ein weiteres ernstzunehmendes Beispiel für eine gestörte Leberfunktion ist die intrahepatische Schwangerschafts-Cholestase (ICP), die vor allem im letzten Drittel der Schwangerschaft auftritt. Ein auffälliges Symptom ist starker Juckreiz, der auf eine gestörte Gallensäureausscheidung hinweist. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung sind wichtig, um mögliche Risiken für das Baby, wie eine Frühgeburt, zu minimieren.

 

Prä- und perinatale Gefahren durch Viren

Risikobehaftet in der Schwangerschaft ist auch eine Virushepatitis: Das Hepatitis B-Virus kann insbesondere während der Geburt – durch die sogenannte perinatale Infektion – mit einer Wahrscheinlichkeit von bis zu 30% auf das Kind übertragen werden. Daher werden alle Schwangeren in Deutschland auf Hepatitis B getestet. Ist die Hepatitis B-Virusinfektion bekannt, kann eine rechtzeitige Behandlung und die Impfung des Neugeborenen unmittelbar nach der Geburt das Infektionsrisiko erheblich senken. Beim Hepatitis C-Virus hängt das Übertragungsrisiko von der Viruslast der Mutter ab und liegt zwischen 2 und 7%. Eine Übertragung des Hepatitis-D-Virus ist äußerst selten.

Die Frage nach Impfungen beschäftigt viele werdende Mütter. Eine Impfung gegen Hepatitis A und Hepatitis B ist in der Schwangerschaft grundsätzlich möglich, sollte aber nur bei einem erhöhten Infektionsrisiko erfolgen. Auch in der Stillzeit sollte eine Impfung ebenfalls durchgeführt werden, wenn diese notwendig ist.


Lebererkrankung und Kinderwunsch

Für Frauen mit bestehenden Lebererkrankungen ist eine Schwangerschaft grundsätzlich möglich, erfordert jedoch eine sorgfältige medizinische Abwägung. Bei schweren Leberschäden oder Leberzirrhose kann eine Schwangerschaft mit erheblichen Risiken verbunden sein. Eine engmaschige Betreuung durch Fachärzte ist daher unerlässlich.

„Die Lebergesundheit werdender Mütter hat direkten Einfluss auf das Wohl ihrer Kinder. Deshalb sind Früherkennung, ggf. Impfschutz und Kontrollen besonders wichtig. Vorsorgeuntersuchungen und eine bewusste Lebensweise tragen maßgeblich dazu bei, Risiken zu minimieren und die Gesundheit von Mutter und Kind zu schützen. Eine ausgewogene Ernährung, regelmäßige körperliche Aktivität und der Verzicht auf Alkohol sind weitere wichtige Faktoren, die zur Lebergesundheit beitragen und somit einen positiven Einfluss auf die Schwangerschaft haben“, erläutert Prof. Michael P. Manns, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Leberstiftung.


Quelle  Pressemeitteilung "Weltgesundheitstag: Deutsche Leberstiftung betont die Bedeutung der Lebergesundheit für werdende Mütter und ihre Kinder" vom 02.04.2025, herausgegeben von der Deutschen Leberstiftung