
Graz – Feinstaub gilt als eine ernst zu nehmende Umweltgefahr für die menschliche Gesundheit – und seine Auswirkungen beginnen bereits früher als bisher angenommen. Offensichtlich können Feinstaubpartikel aus dem städtischen Verkehr nicht nur die Struktur der Plazenta verändern, sondern auch deren Immunzellen in ihrer Funktion beeinflussen. Bereits ein kurzer Kontakt mit PM2,5-Partikeln – also besonders feinen Luftschadstoffen – führte im Experiment zu messbaren Veränderungen im Plazentagewebe.
Plazenta unter Stress: Zellschäden und Immunreaktionen
Um besser zu verstehen, wie Luftschadstoffe die Funktionen der Placenta nutzte das Forschungsteam ein hochspezialisiertes experimentelles Modell – die sogenannte ex vivo duale Plazentaperfusion, bei der Plazentagewebe unmittelbar nach der Geburt unter kontrollierten Bedingungen untersucht werden kann.
Bereits ein kurzer Kontakt mit PM2,5-Partikeln führt demnach zu deutlichen Schäden im Plazentagewebe; dies konnten die Forscher bei der Analyse der Proben mittels Transmissionselektronenmikroskopie nachweisen. Innerhalb kürzester Zeit lösten die Feinstaubpartikel zulluläre pathophysiologische Veränderungenn, wie beispielswesie oxidativen Stress, in verschiedenen Zellstrukturen der Plazenta aus. Betroffen waren unter anderem Kollagenfasern, die dem Gewebe Stabilität verleihen, sowie Mitochondrien, die für die Energieversorgung der Zellen entscheidend sind.
„Besonders auffällig war die Reaktion der Immunzellen in der Plazenta: Sie wechselten von einem normalerweise entzündungshemmenden in einen entzündungsfördernden Zustand – ein Muster, das auch bei Präeklampsie beobachtet wird“, beschreibt Molekularbiologin Dr. Birgit Hirschmugl von der Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der Medizinischen Universität Graz.
Luftverschmutzung – Auslöser einer Präeklampsie?
„Unsere Daten legen nahe, dass Luftschadstoffe nicht nur das Risiko für Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen, sondern auch ein bisher unterschätztes Risiko für Schwangere und ihr ungeborenes Kind darstellen“, betont Prof. Christian Wadsack, Leiter der Grazer Forschungsgruppe. Die Veränderungen in der Plazenta könnten demnach zur Entwicklung von Präeklampsie beitragen, die bekanntlich mit Bluthochdruck, Organschäden und Wachstumsverzögerungen beim Fötus einhergehen kann.
Forschung mit Weitblick – jetzt ist die Politik gefragt
Die Erkenntnisse unterstreichen die Dringlichkeit politischer und gesellschaftlicher Maßnahmen zur Reduktion von Luftverschmutzung – insbesondere in urbanen Ballungsräumen. Gleichzeitig zeigen sie, wie wichtig eine intensive Erforschung der Plazenta als zentrales Organ der Schwangerschaft ist.
Quelle: Medizinische Universität Graz


