
Germany’s Next Topmodel kann zur Entstehung und Aufrechterhaltung von Essstörungen beitragen - lange vermutet, jetzt von Studiendaten untermauert.
Germany’s Next Topmodel ist kürzlich mit der 20. Jubiläums-Staffel gestartet und ist dieses Jahr sogar 2-mal pro Woche im Fernsehen zu sehen. Seit der Erstausstrahlung im Jahr 2006 blieb das Konzept der Sendung im Kern unverändert: Vornehmlich junge Kandidatinnen und neuerdings auch Kandidaten, welche meist einem schlanken bzw. muskulösen Körperideal entsprechen, durchlaufen verschiedene Aufgaben wie Foto-Shootings oder Catwalks, bei denen ihr Aussehen und ihre Körperform explizit bewertet werden. Schlankheit und Attraktivität werden dabei als zentrale Erfolgsfaktoren inszeniert.
Diskrepanz zwischen Ideal und eigenem Köper
Die von der Universität Osnabrück unter der Leitung von der Psychologin Prof. Silja Vocks durchgeführte Studie analysierte, wie sich das Anschauen von Germany’s Next Topmodel auf die psychische Gesundheit von Frauen mit und ohne Essstörung auswirkt. Dafür sahen sich die Studienteilnehmerinnen die Staffel Germany’s Next Topmodel in ihrem eignen, häuslichen Umfeld an und machten vor, während und nach einer jeden Folge Angaben zu ihrer Stimmung, ihrem Selbstwertgefühl und den Einstellungen in Bezug auf ihren eigenen Körper.
Insgesamt hatten sich 477 Frauen zur Studienteilnahme gemeldet, 179 Frauen schlossen die Studie ab, 36 davon gaben an, an einer Essstörung (v.a. Anorexie, Bulimie, Binge-Eating) zu leiden. In 88,0% der Fälle war die Diagnose von einer medizinischen Fachkraft oder einem Psychotherapeuten gestellt worden, 58,3% befanden sich in Behandlung.
„Sowohl Frauen mit als auch ohne Essstörung waren nach dem Anschauen der Sendung unzufriedener mit ihrem eigenen Körper als zuvor“, erklärt die Psychologin Friederike Holtmann von der Universität Osnabrück. „Besonders Frauen mit Essstörungen berichten zudem von einer Verschlechterung der Stimmung sowie der verstärkten Wahrnehmung einer Diskrepanz zwischen ihrem eigenen Körper und ihrem verinnerlichten Ideal eines optimalen Körpers. Diese Diskrepanz zum eigenen Schönheitsideal nahm im Laufe der Staffel Germany’s Next Topmodel weiter zu.“ Eine Desensibilisierung der Frauen mit Essstörungen konnten die Studienautoren nicht beobachten.
Essstörungen werden gefördert
„Die Studie liefert damit wertvolle Erkenntnisse über mögliche negative Auswirkungen von Model-Casting-Shows auf die psychische Gesundheit von Frauen“, ergänzt Vocks. Besonders ausgeprägt scheinen die Effekte bei Frauen mit Essstörungen zu sein, sodass diese Sendungsformate auch zur Entstehung und Aufrechterhaltung von Essstörungen beitragen können. „In einer Gesellschaft, in der Sendungsformate wie Germany’s Next Topmodel und Soziale Medien allgegenwärtig sind und somit das Selbstbild vieler Menschen prägen, ist es umso wichtiger, sich deren Auswirkungen bewusst zu sein und eine kritischere Medienkompetenz zu entwickeln“, so Holtmann.
Literatur: Holtmann FJ et al. Eur Eat Disord Rev. 2025 Mar 5. DOI: 10.1002/erv.3185
Quelle: Pressemeldung „Germany’s Next Topmodel“ und der Einfluss auf Körperbild und Essstörungen: Studie der Uni Osnabrück zeigt Zusammenhang“ der Universität Osnabrück vom 10.03.2025