S2k-LeitlinieFertilität bei Krebs: Neue Leitlinie gibt Hoffnung

Die neue S2k-Leitlinie zeigt Wege auf, wie Krebsbetroffene ihre Fruchtbarkeit erhalten können. Sie bietet medizinische Empfehlungen und berücksichtigt auch psychologische und ethische Aspekte.

Medizinische Leitlinien. Arzt mit Stethoskop im Fokus. Icons und Text auf einem digitalen Interface. Medizinische Technologie
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Die neue S2k-Leitlinie bietet Krebsbetroffenen konkrete Optionen zum Erhalt der Fruchtbarkeit – medizinisch fundiert und individuell anpassbar.

Aufgrund einer Bandbreite an Therapiemöglichkeiten, die dazu beitragen, dass sich die Überlebensrate bei malignen Erkrankungen signifikant verbessert hat, kann die Funktion der Keimdrüsen (Gonadenfunktion) von Patientinnen und Patienten teilweise oder komplett geschädigt werden. In der Regel hängt die mögliche gonadale Schädigung vom Alter der Patientinnen und Patienten sowie der Art, Dosis und Dauer der medizinischen Therapie oder Strahlentherapie ab. Die Chance, im Nachhinein an einer therapierefraktären Infertilität zu leiden, kann für Betroffene belastend sein. Aus diesem Grund ist es wichtig, Konzepte zum Erhalt der Fertilität und die Beratung darüber in die onkologische Behandlung für jene Betroffene einzubinden, die im reproduktiven Alter sind.

Fruchtbarkeit sichern – trotz Krebsdiagnose

Die von der Deutschen Gesellschaft für Reproduktionsmedizin e.V. (DGRM), Deutschen
Gesellschaft für Urologie e.V. (DGU) und DGGG erstellte S2k-Leitlinie zum Fertilitätserhalt
bei onkologischen Erkrankungen dient der Beratung und dem Einsatz von fertilitätserhaltenden Maßnahmen bei präpubertären sowie sich im reproduktiven Alter befindenden Patientinnen und Patienten. Dabei sollten stets die Lebensumstände, das jeweilige individuelle Risikoprofil und die geplante onkologische Therapie berücksichtigt werden. Darüber hinaus bietet die Handlungsempfehlung einen Überblick zu bereits etablierten fertilitätserhaltenden Techniken sowie zum Vorgehen bei bestimmten Tumorarten.

Therapien und ihre Risiken für die Fruchtbarkeit

Die Leitlinienautorinnen und -autoren weisen in ihren Ausführungen auf, inwiefern sich Therapieoptionen, wie die Chemotherapie, Strahlentherapie, aber auch endokrine Therapien auf die Schädigung der Keimdrüsen (Gonadotoxizität) einwirken und mit welchen Nebenwirkungen zu rechnen ist.

Hinsichtlich einer Chemo- sowie Strahlentherapie wird empfohlen, dass Betroffene über das Risiko einer Infertilität aufgeklärt werden sollten. Eine Strahlentherapie kann laut den Leitlinienerstellenden beispielsweise zur Sterilität sowie zu erhöhten Schwangerschaftsrisiken führen. Darüber hinaus sollen Patientinnen, die Immuntherapien oder zielgerichtete Therapien erhalten, über das unklare Risiko einer Eierstockinsuffizienz und fertilitätserhaltende Maßnahmen aufgeklärt werden.

Fertilitätsprotektion bei Frauen: Methoden im Überblick

Der Fokus in den darauffolgenden Kapiteln liegt auf dem Erhalt der Fertilität. Im Bezug auf die Patientinnen wird hierbei auf organerhaltende Operationsverfahren, die Transposition von Ovarien sowie den Gonadenschutz bei Bestrahlung eingegangen.

Darüber hinaus wird die Anwendung von GnRH-Agonisten, die Kryokonservierung, fertilitätserhaltende oder (wieder-) herstellende Maßnahmen bei Uterusbestrahlung, aber auch die Kombination fertilitätsprotektiver Methoden angesprochen.  Bei der Kryokonservierung wird zwischen der Kryokonservierung von Ovarialgewebe sowie von unfertilisierten Oozyten, Vorkernstadien und Embryonen unterschieden. Letztere gelten dabei als weltweit etablierte reproduktionsmedizinische Techniken.

Grundsätzlich kann den Patientinnen die Kombination von verschiedenen fertilitätserhaltenden Maßnahmen angeboten werden. Somit kann die Effektivität der fertilitätsprotektiven Vorgehen gesteigert werden. Maßgeblich ist dies laut den Autorinnen und Autoren vor allem bei Patientinnen, die einem hohen Risiko für eine primäre Ovarialinsuffizienz ausgesetzt sein könnten.

Psychologische und ethische Aspekte des Kinderwunsches

Die Frage nach der Fertilität ist ein Faktor, der sich bedeutend auf das psychische Wohlbefinden von Patientinnen und Patienten auswirkt. Aus diesem Grund sollte stets eine psychologische Unterstützung, die mit einer Beratung bei einer Fertilitätsstörung einhergeht, in Erwägung gezogen werden. Hierbei gilt zu bedenken, dass Betroffene von Krebserkrankungen ein höheres Risiko für psychische Erkrankungen haben und der Bedarf an psychologischer Unterstützung und Beratung vermehrt vorkommt. Diese sollte den betroffenen Patientinnen und Patienten sowie deren Partnern oder den Eltern von betroffenen Kindern möglichst frühzeitig angeboten werden.

Aus ethischer Sicht ist die emotionale Verfassung der Patientinnen und Patienten stets zu berücksichtigen, weshalb die Betroffenen umfassend über die Möglichkeiten, Chancen und Risiken aufzuklären sind. Zu bedenken gilt hinsichtlich derartiger Gespräche stets die Selbstbestimmung bzw. Patientinnen-/Patientenautonomie, die Schadensvermeidung, Fürsorge sowie die Gerechtigkeit bzw. Fairness.

Fertilitätserhalt bei Männern: Optionen und Ansätze

Neben dem Fertilitätserhalt bei Frauen und Mädchen wird in der S2k-Leitlinie auch auf fertilitätserhaltende Maßnahmen bei männlichen Patienten eingegangen. So stellt die Handlungsempfehlung ebenfalls Ursachen der Gonadotoxizität bzw. der reproduktiven Funktion bei Männern sowie Methoden der Fertilitätsprotektion von Jungen und Männern dar. Zu letzterem gehören die Kryokonservierung von Ejakulat und Hodengewebe, der Gonadenschutz bei Bestrahlung und experimentelle Ansätze.

Weiterhin wurden sowohl für Frauen als auch für Männer ausführliche Empfehlungen zu ausgewählten Tumorentitäten abgegeben. Um den gesamten Behandlungszeitraum abzudecken, geht Autorenschaft zuletzt auch noch auf die Nachbeobachtung der Patientinnen und Patienten ein.
 


Quelle: Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V.